Man muss Heribert Bruchhagen nicht mögen, aber trotzdem vor dem Respekt haben, was er erreicht hat. Seit 1989 führt der heute 69-jährige verschiedene Klubs. Er war Boss vom FC Schalke 04, Arminia Bielefeld, Eintracht Frankfurt (für 13 Jahre) und zweimal vom Hamburger SV. Praktisch jeden Verein hat er in einem besseren Zustand hinterlassen als er ihn vorgefunden hat. Die Adler rettete Bruchhagen vor der sicheren Insolvenz. In seiner gesamten Karriere als Vereinsverantwortlicher wurde Bruchhagen lediglich zwei Mal entlassen – beide Male beim HSV. Über das Scheitern der ersten Ehe müssen keine Worte verloren werden, weil sie Jahrzehnte zurückliegt. Die zweite Entlassung allerdings zeigt, wo das Problem der Norddeutschen liegt. Die Lage beim HSV ist so ernst, dass sie selbst für einen Heribert Bruchhagen zu kompliziert ist.
Bruchhagen konnte finanziellen Scherbenhaufen nicht flicken
Vor seiner zweiten Amtszeit beim HSV hatte Bruchhagen in seinem Leben erst einmal einen Trainer entlassen: Michael Skibbe bei Eintracht Frankfurt – die Adler stiegen ab. Beim HSV musste er bereits Markus Gisdol absägen. Die Entlassung von Bernd Hollerbach wäre wohl auch noch erfolgt. Sie dürfte auch jetzt noch lediglich eine Frage der Zeit sein. Dabei sind die Trainer des HSV genau wie Bruchhagen ein Opfer der miserablen Arbeit ihrer Vorgänger. Thomas Struntz klagte Bruchhagen und den ebenfalls geschassten Sportchef Jens Todt bei „Sport1“ beispielsweise an, gute Scouting-Strukturen beim HSV zerschlagen zu haben.
Abgesehen davon, dass man geteilter Meinung darüber sein kann, ob die Strukturen wirklich so gut waren, verschweigt Struntz, dass sich der HSV diese nicht mehr leisten konnte. Der Verein hatte zukünftige Einnahmen bereits jetzt ausgegeben. Mäzen Klaus-Michael Kühne hat den Geldhahn zugedreht. Die Norddeutschen haben ein echtes Cashflow-Problem. Den Klub drücken 100 Millionen Euro an Verbindlichkeiten. Wirkliches Vereinsvermögen gibt es praktisch nicht mehr. Bei einem Abstieg würden die Einnahmen aus der TV-Vermarktung um 70 Prozent zusammenbrechen. Ein Ausverkauf des Kaders wäre die sichere Folge, denn ansonsten erhält der HSV niemals die Lizenz für die zweite Liga. Die wirtschaftliche Lage der Norddeutschen war selbst für den kampferprobten Bruchhagen zu kompliziert. Und es wird schwer für den HSV, eine Person zu finden, die den Scherbenhaufen tatsächlich zusammenfegen kann.